Die Geschichte und die Bedeutung des Löwen von San Marco – Venedig und Chioggia
Haben Sie sich niemals gefragt, warum der beflügelte Löwe, oder der Markuslöwe, das Symbol von Venedig ist?
Die Bedeutung liegt in den Wörtern, die im unter der Löwentatze gelegenen Buch sind: „Pax tibi Marce, evangelista meus, hic requiescat corpus tuum“ – „Friede sei mit dir Markus, meinem Evangelisten, hier möge dein Körper ausruhen“.
Man sagt, dass während der Reise vom Evangelisten Markus von Aquileia bis Rom ein Engel erscheinte und jene Worte aussprach, als er in der Lagune von Venedig war.
Sankt Markus wurde dann 1904 das Symbol und der Schutzherr der Stadt. Seine Reliquien wurden in die Basilika gebracht, die äußerst wichtig wurde, da sie einen der vier Evangelisten aufbewahrte.
Erst von 1620 wurde Sankt Markus durch sein Symbol dargestellt, und zwar den beflügelten Löwen, das auch das Symbol der Stadt wurde, als es von der Republik der Serenissima gewählt wurde.
Der Löwe wurde von großer politisch- und religiösen Bedeutung: Nicht nur drückte er Stärke und Majestät aus, sondern auch symbolisierte er die Kraft des Wortes des Heiligen, geistige Erhebung durch seine Flügel, Weisheit durch das unter der Tatze liegende Buch und schließlich Justiz wegen der Anwesenheit des Degens.
Der Markuslöwe wird in mehreren Positionen dargestellt:
Vorbeigehend:Im Profil,mit der vorderen Tatze auf dem Buch aufgestützt.
Aufgerichtet: Im Profil, an den Hinterbeinen.
In moéca: Gegenüberliegend, sitzend und mit ausgestreckten Flügeln und einer Krabbe ähnlich („Moléca“ ist auf Venezianisch der Name kleiner Krabben, die in der Periode der Häutung sind).
In gazzetta: Sitzend, mit ausgestreckten Flügeln und der Aureole.
Bannenträger: Aufgerichtet, eine Fahne stützend.
Hinsichtlich der Darstellung des Löwen gibt es einige hauptsächliche Kuriositäten:
Das Buch unter der Tatze kann offen oder geschlossen dargestellt werden.
Wenn es offen ist, bedeutet es, dass in jener Periode die Stadt in Friedenszeiten war, während wenn es geschlossen und mit dem Degen hoch ist, war die Stadt in Kriegszeiten (der Löwe wird auch in der Fahne der Serenissima so dargestellt).
Es gibt dennoch eine andere Interpretation der Bedeutung der Position des Buches, die mit den Darstellungen der in der Region Venetien anwesenden Löwen assoziiert werden kann:
Wenn der Löwen mit dem offenen Buch dargestellt wurde, bedeutete es, dass jene Stadt die Steuer der Republik der Serenissima bezahlen musste; dagegen wenn das Buch geschlossen und mit dem Degen hoch oder nach unten war, musste die Stadt die Steuer aus Kriegsgründe oder aus Vorteilhaftigkeit nicht bezahlen, bzw. um ein gutes Verhältnis mit ihr zu behalten.
Und in Chioggia?
Auch in Chioggia gibt es mehrere Darstellungen des Markuslöwen, aber die bekannteste und auch am meisten diskutierte ist die Statue über der Säule auf dem Vigo Platz, die wegen ihrer geringen Größe „el Gato de Ciòsa“ („Die Katze von Chioggia“) definiert wird.
Es gibt mindestens drei Versionen der Geschichte der Statue des Löwen von Chioggia, eine venezianische, eine aus Chioggia und eine sachlichere.
Die Chioggia-Version
Jede Stadt unter der Herrschaft der Serenissima musste den Markuslöwe deutlich zeigen. Die Bewohner von Chioggia, die Chioggiotti, meinen dass „el Gato de Ciòsa“ wurde errichtet, um über die Autorität von Venedig zu spotten, die seine Souveranität und so seine Regeln durchsetzte.
Die venezianische Legende
Man erzählt, dass eines Tages eine venezianische Katze, die die Gewalttätigkeiten der beflügelten Löwen von Venedig leid war, nach Chioggia weglief, weil sie von vier Löwen verfolgt war. Die Katze floh, bis sie auf die Säule in Vigo Platz hochklettern konnte, und zwar den einzigen Ort, in dem er sich retten konnte. Die Säule war tatsächlich so hoch und das Kapitell so klein, dass die Löwen trotz ihren Flügeln sie nicht erreichen konnten. Die Löwen setzten sich an den Seiten der Brücke Vigo und warteten auf den Abstieg der Katze. Sie warteten so lange, dass sie ihre Flügel verloren und versteinerten, wie man noch heute sehen kann.
Die sachliche Version
Man erzählt, dass die Chioggiotti die Skulptur des Markuslöwen bei einem Bildner bestellten, die nicht so talentiert war, um so wenig wie möglich auszugeben. Als der aus einer größen Steinblöcke aus Istrien herausgehauene Löwe beendet wurde, waren die Bewohner eigentlich damit nicht so zufrieden und forderten den Bildner davon, ihn zu verbessern. Der Bildner versuchte, seinen Fehler zu korrigieren, indem er die Arbeit im selben Stein wiedermachte. Leider verkleinerte der „Löwe“ sich und hatte jedoch keine Grundzüge eines echten Löwen. Er setzte fort und haute immer den gleichen Stein heraus, bis die Chioggiotti sich mit dem kleinen Löwen begnügten, der auch wegen seiner Enge einer Katze statt dem Markuslöwen ähnelten.